Arbeitsmedizin

G 46 Vorsorge: Belastungen des Muskel-Skelett-Systems

Erfahre alles, was du wissen musst zur Vorsorge Belastung des Muskel-Skelett-Systems (ehem. G 46): Inhalt, Dauer, Pflicht, Kosten, für wen.

Dr. med. Beatus Buchzik
September 4, 2024
Lesezeit:
5 Minuten

Erkrankungen des Muskel- und Skelettsystems machen etwa ein Viertel der Arbeitsunfähigkeitstage in Deutschland aus (Quelle) und sind zudem häufig die Ursache für Frührente. Neben den körperlichen Beschwerden, die durch mangelnde Bewegung und vieles Sitzen ausgelöst werden, stellen einige berufliche Tätigkeiten eine starke Beanspruchung dar. Wenn deine Mitarbeiter diesen Belastungen ausgesetzt sind, muss ggf. eine arbeitsmedizinische Vorsorge veranlasst oder angeboten werden. Offizielle Bezeichnung der Vorsorge ist mittlerweile "Belastungen des Muskel-Skelett-Systems einschließlich Vibrationen". Ehemals wurde der Begriff G 46 verwendet. Da dies in vielen Firmen bis heute verwendet wird, wird im Folgenden auch von G 46 Vorsorge gesprochen. Hier erfährst du, ob du eine G 46 veranlassen oder deinen Mitarbeitern anbieten musst und was du sonst noch alles zu der Vorsorge wissen musst.

Um die Lesbarkeit zu erleichtern, verwenden wir in diesem Artikel ausschließlich die männliche Form. Selbstverständlich sprechen wir damit alle Menschen unabhängig von Geschlecht und Identität an.

Zusammenfassung

Die G 46 Untersuchung zielt darauf ab, die Gesundheit von Arbeitnehmern zu schützen, die Tätigkeiten ausüben, die das Muskel- und Skelettsystem belasten. Dazu gehören beispielsweise Arbeiten mit manueller Lastenhandhabung, erzwungenen Körperhaltungen, wiederholenden Bewegungen sowie Tätigkeiten mit Einwirkung von Vibration. Die Untersuchung umfasst Anamnese, ärztliche Gespräche, körperliche Untersuchungen und gegebenenfalls spezielle Tests wie Röntgenuntersuchungen oder Laboruntersuchungen. Die Häufigkeit und Art der Untersuchung hängen von der Gefährdungsbeurteilung ab. Es kann sich dabei um eine Pflicht-, Angebots- oder Wunschvorsorge handeln. Anfallende Kosten werden in der Regel vom Arbeitgeber übernommen.

Was ist Inhalt einer G 46 Untersuchung?

Der Inhalt der G 46 Untersuchung ist abhängig von der jeweiligen Belastung, die sich aus der Gefährdungsbeurteilung ergibt. In der Regel beinhaltet die Vorsorgeuntersuchung die folgenden Punkte:

  • Anamnese
  • ärztliches Gespräch und Aufklärung
  • Untersuchung im Hinblick auf die Tätigkeit (Muskel- und Skelettsystem)
  • wenn nötig Röntgenuntersuchungen
  • wenn nötig spezielle Laboruntersuchungen

Für wen ist eine G 46 erforderlich?

Die G 46 ist für Personen erforderlich, deren Rücken und Gelenke besonders belastet werden. Die Belastung sollte regelmäßig untersucht sollte, um langfristige Schäden zu verhindern.

Dies gilt für:

  • Tätigkeiten mit manueller Lastenhandhabung: Darunter wird das Heben, Halten, Tragen sowie  das Absetzen von Lasten verstanden. Zudem gehört auch das Schieben und Ziehen oder allgemein das Bewegen von Lasten durch die eigene Körperkraft dazu. Berufsgruppen wie beispielsweise Bauarbeiter, Pflegekräfte oder Lieferanten sind häufig gefährdet.
  • Tätigkeiten mit erzwungenen Körperhaltungen (Zwangshaltung): Dazu gehören unter anderem Arbeiten in starker Rumpfbeuge, anhaltendes Hocken, Knien, Fersensitz, Kriechen oder Liegen. Häufig sind Berufsgruppen wie Boden- und Fliesenleger, Reinigungskräfte, Gärtner/ Landschaftsgärtner, Klempner oder Kfz-Mechaniker betroffen. Auch Tätigkeiten mit einer lang anhaltenden erzwungenen Sitzhaltung durch beispielsweise Mikroskopiertätigkeiten oder Qualitätskontrolle oder dauerhaftem Stehen ohne wirksame Bewegungsmöglichkeiten sind gefährdet, was beispielsweise im Operationssaal oder durch Friseurtätigkeiten der Fall sein kann.
  • Tätigkeiten mit erhöhter Kraftanstrengung oder Krafteinwirkung: Dazu gehören unter anderem Tätigkeiten, bei denen Kraft bzw. Druck bei der Bedienung von Arbeitsmittel nötig ist, wie das zum Beispiel bei Handwerker sowie Bauarbeiter der Fall ist.
  • sich häufig wiederholende Tätigkeiten mit hohen Handhabungsfrequenzen: repetitive Bewegungen können Muskeln und Sehnen stark beanspruchen, insbesondere dann, wenn gleichzeitig eine hohe Kraftanstrengung besteht, wie das  häufig in der Automobil- und Elektronikbranche durch das häufige Montieren und Zusammenbauen einzelner Teile der Fall ist.
  • Tätigkeiten mit Einwirkung von Hand-Arm- oder sogar Ganzkörpervibrationen: Dazu zählen Tätigkeiten, bei denen Bohrer oder Abbruchhämmer verwendet werden oder Berufe, in denen Gabelstapler oder Erdbaumaschinen gefahren werden.

Die Tätigkeiten sollten dabei immer auch in Zusammenhang mit der Höhe, Dauer und Häufigkeit der Belastung betrachtet werden sowie dem Alter des Mitarbeiters.

Frau schaut in Mikroskopiergerät
Lang anhaltenden erzwungenen Sitzhaltung durch beispielsweise Mikroskopiertätigkeiten stellen eine Belastung für das Muskel- und Skelettsystem dar.

Muss die G 46 Untersuchung angeboten werden? Ist die G 46 eine Pflicht-, Angebots- oder Wunschvorsorge?

Ob es sich bei der G 46 Untersuchung um eine Pflicht-, Angebots- oder Wunschvorsorge handelt, ist abhängig von der Gefährdungsbeurteilung. Dazu kann beispielsweise die "Orientierende Gefährdungsbeurteilung bei Belastungen des Muskel- und Skelettsystems" aus der DGUV Information 208-033 herangezogen werden.

Die Art der Vorsorge ist abhängig von dem Tagesexpositionswert. Die folgende Tabelle gibt die Grenzwerte für Pflichtvorsorge und Angebotsvorsorge gemäß Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) wieder.

Ob die G 46 Vorsorgeuntersuchung veranlasst oder angeboten werden muss ist abhängig vom Tagesexpositionslevel.

Außerdem muss eine G 46 Untersuchung durch den Arbeitgeber angeboten werden, wenn Mitarbeiter Tätigkeiten mit wesentlich erhöhten körperlichen Belastungen ausüben, die mit Gesundheitsgefährdungen für das Muskel-Skelett-System verbunden sind. Diese entstehen durch

  • Lastenhandhabung beim Heben, Halten, Tragen, Ziehen oder Schieben von Lasten
  • repetitive manuelle Tätigkeiten
  • Arbeiten in erzwungenen Körperhaltungen, im Knien, in andauernder Rumpfbeuge oder -drehung oder in vergleichbaren Zwangshaltungen

Sind diese Expositionswerte nicht erreicht oder Mitarbeiter keiner der oben genannten Belastungen ausgesetzt, muss die G 46 Untersuchung nicht veranlasst oder angeboten werden, kann aber auf Wunsch der Mitarbeitern dennoch als Wunschvorsorge durchgeführt werden.

Wie lange dauert eine G 46 Untersuchung?

Eine G 46 Untersuchung dauert etwa 30 Minuten. Die Dauer ist dabei abhängig von den durchgeführten Untersuchungen.

Wann muss eine G 46 Untersuchung durchgeführt werden?

Eine Erstuntersuchung der G 46 muss vor der Aufnahme der Tätigkeit durchgeführt oder angeboten werden, wenn es sich um eine Pflicht- oder Angebotsvorsorge handelt und demnach mit einer erhöhten Belastung des Muskel- und Skelettsystems zu rechnen ist. Eine Nachuntersuchung erfolgt bei Mitarbeitern unter 40 Jahren nach 60 Monaten und bei Mitarbeitern über 40 Jahren nach 36 Monaten.

Was kostet eine G 46 Untersuchung?

Die Kosten für die G 46 Untersuchung sind abhängig von den durchgeführten Untersuchungen. In der Regel kann mit Kosten zwischen 60 und 80 € gerechnet werden.

Wer übernimmt die Kosten für eine G 46 Untersuchung?

Die Kosten für die G 46 Untersuchung übernimmt üblicherweise der Arbeitgeber. Sie müssen also nicht von den Mitarbeitern getragen werden. Jedoch kann die G 46 Untersuchung auch auf Selbstzahlerbasis durchgeführt werden, also von Mitarbeitern selbst angeordnet und bezahlt werden.

Dürfen Hausärzte eine G 46 Untersuchung durchführen?

Nein. Die G 46 Untersuchung muss von Ärzten mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder mit Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ durchgeführt werden. Hausärzte verfügen in der Regel nicht über diese Gebiets- oder Zusatzbezeichnung und dürfen die G 46 Untersuchung demnach nicht durchführen.

Fazit

Die G 46 Untersuchung ist ein essenzielles Instrument zur Prävention von Gesundheitsschäden bei belastenden Arbeitsbedingungen. Durch eine frühzeitige Erkennung von Risiken und gezielte Maßnahmen können Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Gesundheitsprobleme vermieden werden. Arbeitgeber sollten daher ihrer Verantwortung nachkommen und die Untersuchungen entsprechend der Gefährdungsbeurteilung anbieten. Mitarbeiter sollten zudem aktiv an der Wahrnehmung dieser Vorsorgemaßnahmen teilnehmen, um ihre eigene Gesundheit zu schützen und langfristig arbeitsfähig zu bleiben.

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